Nizza, 14. Juli 2016
Am 14. Juli 2016 fährt ein Mann mit einem LKW am Strand von Nizza durch eine Menschenmenge. Mindestens 84 Menschen sterben. Nach ein paar Tagen steht fest, was bereits kurz nach diesem Ereignis vermutet wurde: Es handelte sich um einen Anschlag mit islamistischen Hintergrund.
Solches Morden erschüttert mich wie viele andere Menschen. Es ist die Grausamkeit der Tat, die Sinnlosigkeit dieses Tuns und die Zufälligkeit, die Menschen sterben oder überleben lässt. Das alles ist nicht begreifbar. Und auch wenn ich tausende Kilometer von Nizza entfernt wohne, ist es irgendwie eben auch Zufall, dass ich noch nie unmittelbar von solch einem Anschlag betroffen war. Das führe ich mir vor Augen und das bestimmt auch mein Empfinden: Ich bin nicht sicher vor solch einer grausamen Sinnlosigkeit.
Zwei Gedanken gehen mir dabei (auch) durch den Sinn.
Zum einen bin ich fest davon überzeugt, dass die islamistische Ideologie weder wahr noch echt ist. Es geht bei solchen Anschlägen nicht um Allah oder die Wahrheit oder gar das Gute. Es geht um das Abreagieren von Hass, um Aggressionen und um die Abwehr eines tiefen Schmerzes — der aber überhaupt nichts mit Religion, Politik oder den Menschen zu tun hat, die getötet werden. Es sind schlicht Suizide, erweiterte Suizide. Sie geschehen aus einem tiefen Hass gegen das Leben heraus, der einer verletzten, wenn nicht gar zerstörten Seele entspringt. Das Kennzeichen eines erweiterten Suizids ist die unendliche Aggression und die gleichzeitige Flucht vor Verantwortung.
Solches Handeln hat es in der Menschheitsgeschichte schon immer gegeben. Wir sind gefordert, uns dagegen aufzulehnen. Aber zugleich müssen wir auch wissen, dass es so etwas immer geben wird. Wir können darunter leiden und dagegen aufbegehren — aber wir werden die Grausamkeit und die Sinnlosigkeit nicht beseitigen.
Natürlich müssen Politiker in solch einer Situation trotzigen Mut beweisen. Das wird von ihnen erwartet. Aber unter dem Blick der Realität mutet die folgende Aussage Angela Merkels, die sie in ihrer Pressekonferenz am Tag nach dem Anschlag in Nizza tätigte, absurd an: “Und ich bin sehr überzeugt, dass wir trotz aller Schwierigkeiten diesen Kampf gewinnen werden.” Welchen Kampf will sie denn wie gewinnen?
Matthias Stiehler
Ist Gott noch zu retten?
Woran wir glauben können
Verlag tredition Hamburg 2016